Verhulst-Dynamik

1845 betrachtete P.F. Verhulst als einer der ersten Wissenschaftler die Entwicklung von Populationen auf mathematischer Basis. Dazu untersuchte er eine Population, die in der n-ten Generation die Größe xn und in der n + 1 -ten Generation die Größe xn + 1 aufweist. Das relative Wachstum W ist dann gegeben durch

W = xn + 1 - xn
xn
und wenn W eine Konstante ist, folgt die Rückkopplungsgleichung

xn + 1 = (1 + W) xn
Verhulst nahm nun an, daß W selbst wiederum eine Funktion der Generationenzahl ist, also von xn abhängt und setzte

    W = w (1 - xn)        mit     w > 0     (Wachstumsparameter)
Das relative Wachstum der Population wird also immer kleiner, je größer die Population bereits angewachsen ist. Bei ihrer Maximalgröße (xn = 1) ist das relative Wachstum gleich Null. Wird das relative Wachstum nun als

W = xn + 1
xn
definiert, erhält man die Grundform der Verhulst-Dynamik zu

xn + 1 = w xn (1 - xn)
Diese Rückkopplungsgleichung sieht ebenfalls - wie die Gleichung der Mandelbrot-Rückkopplung - sehr einfach aus und auf den ersten Blick würde man nichts besonderes erwarten. In Abhängigkeit vom Wachstumsparameter w zeigt sich aber ein überraschendes Verhalten der Rückkopplung bei Durchführung der Iterationen (ein Startwert x0 der Population im Bereich größer als 0 und kleiner als 1 sei im folgenden vorausgesetzt; betrachte hierzu auch das Übersichtsbild weiter unten):



w £ 1 :
Die Population wird immer kleiner, bis sie schließlich ausstirbt, und zwar umso schneller, je kleiner w gewählt wird
1 < w < 3 :
Die Population pendelt sich nach mehr oder weniger Iterationen (Generationen) auf einer konstanten Größe ein. Je größer w, desto größer auch die Stärke der Population.

stabiles Populationsniveau
3 £ w £ 3,45 :
Nach einigen Iterationen bilden sich zwei verschiedene stabile Populationsniveaus heraus. Die Population schwankt von einer Generation zur nächsten immer zwischen diesen beiden Werten hin und her. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer sogenannten 'Bifurkation'.

zwei stabile Populationsniveaus
3,45 < w £ 3,54 :
Jetzt pendelt die Population nach einigen Generationen immer zwischen vier verschiedenen Werten.

vier stabile Populationsniveaus

Bei weiterer Vergrößerung von w treten immer mehr stabile Populationsniveaus auf (es tritt jeweils eine Verdoppelung der Niveaus auf), bis im äußersten Fall w = 4 die Populationsgröße alle Werte xn zwischen 0 und 1 annehmen kann und sich ohne erkennbaren Grund überhaupt keine stabilen Niveaus mehr einstellen. In diesem Zusammenhang spricht man dann von deterministischem Chaos.

Population hat lauter verschiedene Werte

Trägt man in Abhängigkeit vom Wachstumsparameter w die Größe der Population nach einer größeren Zahl von Generationen auf, erhält man das sogenannte Feigenbaum-Szenario.

Die Parameter zur Darstellung sind die folgenden:


Übersichtsbild Verhulst-Dynamik

Pmin Pmax wmin wmax IE NGen
0.0 1.0 0.0 4.0 500 200

Übersicht Verhulst-Dynamik
(Anmerkung: für 0 < w < 1 stirbt die Population aus, der weiße Strich links unten im Bild ist aber nicht oder nur sehr schlecht zu erkennen.)


Das "meiste Geschehen" spielt sich im rechten Viertel des obigen Bildes ab. Dieser Bereich ist im folgenden Bild vergrößert dargestellt :

Ausschnittsvergrößerung Verhulst-Dynamik

Pmin Pmax wmin wmax IE NGen
0.0 1.0 2.99 4.0 500 300

Ausschnittsvergrößerung 1


Die nachfolgende Grafik zeigt eine Vergrößerung des im oberen Bild rot begrenzten Bereichs. Die w-Achse (Abszisse) wurde zur besseren Übersichtlichkeit gegenüber der Vertikalen gestreckt. Wie zu sehen ist, tritt auch hier wieder das Phänomen der Selbstähnlichkeit auf.

Ausschnittsvergrößerung 2


Und noch eine weitere Ausschnittsvergrößerung aus dem Feigenbaum:

Ausschnittsvergrößerung 3


Je stärkere Vergrößerungen angefertigt werden sollen, desto mehr Einschwing-Iterationen und desto mehr Generationen müssen durchgeführt werden, damit die Grafik "sauber" aussieht. Im letzten Bild wurde IE = 2000 und NGen = 1000 gewählt.

(Die Grafiken auf dieser Seite wurden mit einer Auflösung von 640x480 Pixeln gerechnet.)


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Kai Schröder, 29.11.2000