Tauch-Segeltörn im Mittelmeer im Oktober 2000

Am 30. September ging es wieder los. Im Hafen von Hyères verließ die alte Truppe die 14m-Yacht „Galaad“ und Skipper Heinz nahm uns, Ingo, Rainer, Torsten und mich, an Bord zur letzten Woche Tauch-Segeltörn an der südlichen Cote d'Azur und um die Iles d'Hyères.

Zum Eingewöhnen tauchten wir zunächst an der Untiefe „La Formigue“, an der das Wrack der „Spahis“ auf 23m auf Grund liegt. Erreicht haben wir das Wrack bei diesem TG allerdings nicht, da Torsten zu wenig Blei hatte, Ingo dafür Druckausgleichsprobleme und zu alledem herrschte Strömung, die uns auf dem Hinweg ordentlich zu schaffen machte.

Bei bestem Wetter betauchten wir dann am nächsten Tag die „Prophete“ auf 34m Tiefe. Dies ist ein altes Dampfschiff, der Kessel und das Schwungrad sind sehr gut erhalten. Aufgrund der normalerweise geringen Strömung, der direkten Nähe zum Festland und der mittleren Tiefe ist das Wrack nicht von Gorgonien bewachsen. Die Zahl der anzutreffenden Fische hält sich ebenfalls in Grenzen. Mönchsfische sind allgegenwärtig, Zweibinden- und Große Geißbrassen, verschiedene kleinere Barscharten kommen aber vor. Rainer entdeckte eine fette Mittelmeer-Muräne in der Nähe des Schwungrades. (ein paar Bilder von der Prophéte)

Nachmittags holten wir dann den Wrack-TG an der „Spahis“ nach, diesmal bei fast keiner Strömung. Auch hier leben - aufgrund der Nähe zum Festland - nicht übermäßig viele Fische. Anschließend segelten wir zur Ile de Bagaud, der kleinen Insel westlich der Ile de Port Cros.

Montag tauchten wir dann am P.te de Beau (Nordostspitze der Ile de Bagaud), wo wir erstmals auf größere Schwärme von Zweibindenbrassen, Goldstriemen und Mönchsfischen trafen. Auch hatten wir hier das Vergnügen, drei Gemeine Oktopusse beobachten zu können. Daneben fielen mir etliche Kolonien von Kleinen Keulenseescheiden auf, die ich bisher um die Iles d'Hyères herum noch nicht in diesem großen Vorkommen gesehen hatte.

Mittags segelten wir dann auf die Ostseite der Ile de Port Cros, wo wir am P.te de Vaisseau den zweiten TG des Tages absolvierten. Hier gab es noch mehr Fischreichtum (u.a. auch drei fette Braune Zackenbarsche um 20m Tiefe) und eine interessante UW-Felslandschaft.

Nach diesem TG standen noch ein paar „härtere“ Seemeilen auf unserem Programm. Nach dem Anlegen der Rettungswesten und dem Sichern allen Gepäcks segelten wir aus dem Windschatten der Insel hinaus auf das offene Meer. In 150km Entfernung war für den Abend eine Sturmwarnung ausgegeben worden und entsprechend war der Seegang. Zweimal legte sich unser Schiff so sehr auf die Seite, daß ich dachte, jetzt kentern wir . . . Öfter wurden wir mit Güssen von Spritzwasser bedacht. Schließlich waren wir so weit auf dem Amwind-Kurs gesegelt, daß wir mit einer einmaligen Wende auf Kurs zwischen der Ile de Bagaud und der Ile de Port Cros waren. Nach einer dreiviertel Stunde gelangten wir (endlich :-) ) in ruhiges Wasser im Windschatten der Ile de Bagaud. Wenig später umsegelten wir die Nordspitze der Ile de Port Cros und ankerten in der Bucht von Port Man an der Nordostseite der Insel.

Am nächsten Morgen hatten sich an Deck unseres Bootes einige Wespen versammelt, die aber eigentlich „ganz lieb“ waren. Dennoch ging es auf besonderen Wunsch eines Mitglieds der Crew schon zum Frühstück an einen anderen Ankerplatz ein Stück weit um die Insel herum - natürlich schaukelte das Schiff hier hin und her, so daß das Frühstück unter „erschwerten Bedingungen“ stattfinden mußte. :-)

Anschließend tauchten wir an der Nordost-Wand des Ilot de la Gabiniere. Leider sahen wir keine Barakudas (die Heinz hier schon des öfteren angetroffen hat), hatten dafür aber wieder mit der Strömung zu „kämpfen“.

Nachmittags tauchten Ingo und Rainer dann nochmals an der Ostseite der Ile de Port Cros, bevor wir nach Bormes segelten, wo wir Inge (Heinz' Frau) an Bord nahmen.

Am Mittwoch waren die Wind- und Strömungsverhältnisse wieder entsprechend, daß Heinz mit uns einen weiteren TG am Gabiniere unternehmen konnte und uns den Reichtum an Braunen und Spitzkopf-Zackenbarschen zeigen konnte. Diese sind hier recht neugierig und ließen uns nahe an sie heran. Auch hier fiel mir wieder (wie schon letztes Jahr im September während des damaligen Tauch-Segeltörns) auf, daß die Roten Gorgonien teilweise abgestorben sind.

Nachmittags stand dann ein „besonderer“ TG an. Wieder sollte es ein Wrack sein und noch dazu eines, daß wir schon sehr oft gesehen hatten, ich aber auch erst einmal umtaucht hatte. Es ist die „Benzène“, die den Hafen von Heliopolis als Wellenbrecher schützt. Die maximale Tiefe liegt bei 7m. Von außen ist das Wrack auch unscheinbar, nur von Braunalgen und einigen wenigen Schwämmen (Gelber Gitterkalk-, Orangefarbener Strahlenschwamm) besiedelt. Fische gibt es auch nur sehr wenige, Mönchsfische, ein paar Schriftbarsche, Mittelmeer-Barben. Immerhin habe ich in 1m Tiefe an der Bordwand eine Violette Fadenschnecke gesehen. Um das Wrack herum wachsen weite Posidonia-Wiesen. (ein paar Bilder von der Benzène)

Richtig interessant wird es, wenn man in das Innere vordringt. Auch hier gibt es nur wenig Bewuchs und fast gar keine Fische mehr. Dafür ist hier alles sehr gut erhalten. Man muß natürlich fein aufpassen, daß man nicht hängenbleibt oder sich irgendwo stößt, da es im inneren sehr eng zugeht. Andererseits ist das Lichtspiel wirklich klasse ! Da das Wrack praktisch direkt unter der Wasseroberfläche liegt und auf dem Deck die Luken offen sind, gelangt sehr viel Licht hinein und in Verbindung mit dem vielfältigen Innenleben der „Benzène“ ergeben sich besonders für den Fotografen schöne Aufnahmen.

Anschließend segelten wir unter besten Bedingungen in Richtung Cap Camarat (östlich von Cavalaire gelegen). Am Donnerstag sollte dann die „Rubis“, das bekannte U-Boot-Wrack, auf unserem Programm stehen. Wieder war blauer Himmel und praktisch kein Wind. Beim zweiten Versuch klappte das Setzen der Boje. An der Oberfläche herrschte eine leichte Strömung in westliche Richtung, so daß wir östlich der Boje ins Wasser gingen und uns dann zur Boje treiben lassen konnten. Ein paar Meter vorher tauchten wir ab, dann hangelten wir uns an der Leine langsam tiefer.

Zu unserer Überraschung war war die Strömung in der Tiefe genau entgegengesetzt und vor allem viel stärker als die Obrflächenströmung. Knapp über dem Grund auf ungefähr 40m Tiefe lag das Bojenseil waagerecht im Wasser. Während die anderen sich unter Zuhilfenahme beider Hände bis zum Wrack vorarbeiteten, war für mich hier Schluß : da ich in der einen Hand die Kamera hielt, hatte ich nur die linke frei für das Seil. Die Strömung war hier so stark, daß ich „nur“ mit Flossenschlagen und einer Hand am Seil nicht weiter vorwärts kam ! Hätte ich es trotzdem auf dieser Tiefe und unter dieser Anstrengung weiter versucht, wäre im Ruckzuck der Tiefenrausch wieder dagewesen.

Die anderen hatten sich auch nicht mehr umgedreht (sie hatten mit sich selbst genug zu tun :-) ) und da die Sicht in der Tiefe viel schlechter war als an der Oberfläche, waren sie schnell aus meinem Sichtfeld verschwunden. Da die anderen zu viert waren, zwei sehr erfahrene Taucher darunter waren und sich sicherlich selbst helfen konnten, habe ich mich langsam an der Leine wieder höher gehangelt.

Für mich machte es nicht viel Sinn, weiter in knapp 40m Tiefe zu verweilen. Wenn mir wirklich etwas passiert wäre, hätten mir die anderen nicht so schnell helfen können und umgekehrt hätte ich ihnen gegen die Strömung auch nicht zu Hilfe kommen können. (Die anderen vier hatten mein Ausbleiben auch erst am Wrack im Strömungsschatten bemerken können, als längst kein Sichtkontakt mehr bestand.) Wenig später sah ich dann Luftblasen aus der Tiefe aufsteigen, als die Kameraden am Seil zurück auftauchten. Sie hatten vom Wrack natürlich nicht viel gesehen. Zudem hätte fast einer seinen Bleigurt verloren und ein anderer hatte schon euphorische Gefühle durch den Tiefenrausch bekommen. Alles in allem gesehen war dieser TG also nicht so toll, andererseits haben alle Beteiligten wieder eine Menge hinzugelernt.

Am späten Nachmittag haben Rainer und ich dann noch die „Ramon Meumbru“, die in ungefähr 20m Tiefe in der Bucht von Cavalaire nur einige hundert Meter von der Hafeneinfahrt entfernt auf Grund liegt, betaucht. Das Wrack ist nicht besonders spektakulär, die eine Seite des Rumpfes steht hoch, ansonsten liegen die Teile mehr oder weniger weit verstreut auf dem Grund. Bedingt durch die unmittelbare Nähe zum Festland und der geringen Tiefe gibt es nur Bewuchs durch Braunalgen und einige wenige Schwämme. An Fischen haben wir gesehen : Mönchsfisch, Zweibindenbrassen, Mittelmeer-Barbe, Kleiner Roter Drachenkopf, Meerbarbenkönig (im Schatten unter überstehenden Eisenteilen). (ein paar Bilder von der Ramon Meumbru)

Am Freitag um 16 Uhr mußten wir das Schiff wieder im Hafen von Cogolin wieder abgeben (natürlich viiieeel zu früh ! :-) ). Da wir morgens dann doch nicht um 7 Uhr aus den Kojen gekrabbelt waren, wir aber noch 23 Seemeilen zurücklegen mußten, konnten wir keinen TG mehr machen. Doch der blaue Himmel, strahlender Sonnenschein und angehmer Wind ließen uns diese letzten Seemeilen genießen. Heinz hatte den Ansporn, eine vor uns segelnde Yacht einzu- und zu überholen, was uns dann auch gelang. :-)

Als wir auf Höhe der Bucht von St. Tropez waren, kamen uns etliche Gaffelsegler entgegen. „Begleitet“ wurden sie von vielen kleineren Segelyachten und Motorbooten, die sich das Schauspiel nicht entgehen lassen wollten. Obwohl in der Bucht praktisch kein Wind mehr wehte, herrschte hier deutlich mehr Dünung als draussen auf dem Meer - durch die vielen Motorboote, die nicht nur Lärm machen, sondern mit ihren Schrauben auch das Wasser aufwühlen.

Mit einem herrlichen Tag ging der Tauch-Segeltörn zu Ende und ich darf gar nicht daran denken, daß dieser Freitag für viele Wochen und Monate wohl der letzte war, an dem ich die warme Sonne auf meinem Körper geniessen konnte ! :-) :-(

Auch diesesmal war es wieder eine tolle Sache, zumal wir ja wirklich die ganze Zeit über bestes Wetter genießen konnten ! :-) Und bis auf den TG an der „Rubis“, der wegen der starken Strömung am Rande des machbaren war, waren alle TGs gut. Nur die Sicht hätte generell etwas besser sein können (was wegen der Stürme über dem Festland aber auch nicht weiter verwunderlich war) - aber man kann eben nicht alles haben ! :-)

Eine besondere Auflistung der Flora und Fauna erspare ich mir an dieser Stelle - am besten ihr guckt euch das Leben im Mittelmeer einmal selbst mit offenen Augen an (oder lest bei den „Taucher-Robinsonaden“ . . .) ! ;-) Einige Exemplare gibt es zudem u.a. auf der Bildergalerie zu sehen.


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Kai Schröder, 29.11.2000