Taucher-Robinsonade Iles d'Hyères Mai 1998

Die lange Durststrecke war endlich wieder vorüber, als wir - Torsten L., Torsten M. sowie Bianca, Jürgen und Heinz (der Veranstalter), und ich natürlich :-) - zur ersten Taucher-Robinsonade dieses Jahres von Unna aus nach Südfrankreich aufbrachen. Leider hatte Heinz dringend benötigte Ersatzteile für einen der Außenbordmotoren erst am Freitag erhalten, so daß sich unsere Abfahrt hinauszögerte und wir erst gegen 2 Uhr morgens von Unna wegfahren konnten. Samstag abends sind wir dann in Le Lavandou angekommen.

Nach einer Übernachtung im Hafen (Torsten M. im Schlauchboot, Bianca, Jürgen und Heinz im Bus, Torsten L. und ich auf dem Anhänger) mußten wir dann noch das Boot klarmachen - was leider unerwartet lange dauerte. So fuhren wir dann erst am Nachmittag hinüber nach Heliopolis auf der Ile du Levant, wo wir nur kurz unsere Kisten und sonstigen Ausrüstungsteile auf den Campingplatz brachten und sofort im Hafen am dortigen Wrack (Wellenbrecher) einen Dämmerungs-TG unternahmen. Bis jetzt waren nur Heinz und ich von unserer Truppe schon einmal auf den Iles d'Hyères gewesen und so waren die anderen von dem klaren Wasser begeistert, das uns hier erwartete. Gleich bei diesem ersten TG konnten wir mehrere Purpurschnecken, eine Blau-weiß-rote Fadenschnecke, Brand-, Zweibindenbrassen, einen kleinen Drachenkopf, eine Mittelmeer-Barbe, Purpurseesterne, Steinseeigel sowie Variable Seegurken und Weißspitzen-Seegurken beobachten. Für den Anfang sicherlich nicht schlecht !

Diesmal hatten wir mit dem Wetter wirklich Glück. Jeden Tag Sonnenschein, angenehme Temperaturen (auch im Wasser, den Überzieher habe ich dieses Jahr nicht benutzt), und der Wind war fast immer nur schwach, so daß wir die Gunst nutzten und viele TGs am Ilôt de la Gabiniere - einem kleinen, felsigen Inselchen im Süden der Ile de Port Cros gelegen - unternahmen.

Der „Gabiniere“ gehört wirklich zu den besten Tauchplätzen des Gebietes und Heinz zählt ihn sogar zu den acht besten auf diesem Planeten. Hier gibt es prächtige Exemplare von Braunen sowie Spitzkopf-Zackenbarschen, fantastische Gorgonien-Hänge und -Steilwände mit dem vielfältigsten Bewuchs und Leben, das man sich nur vorstellen kann ! Hinzu kommen große Schwärme von Mönchsfischen, Roten Fahnenbarschen und verschiedenen Brassen. Regelmäßig trifft man hier auch Stachelmakrelen auf der Jagd an. Besser geht es wirklich nicht, nur anders ! - Die beste Tauchlokalität des Mittelmeeres ? Sicherlich ein heißer Kandidat dafür ! :-) Mir jedenfalls wird auch bei jedem neuen TG am Ilôt de la Gabiniere nicht langweilig. Jedesmal entdeckt man Neues und sei es ein Brauner Zackenbarsch in einer Spalte in nur 4m Tiefe !

Oder wie wäre es mit einem „Spielchen“ mit Gabi, dem Zacki ? :-) Auf 13m steht sie an ihrem Felsen. Schwimmt man näher, so verschwindet sie in den Felsen, nur um auf der gegenüberliegenden Seite wieder aufzutauchen. Dort beginnt das Spielchen von neuem - oder sie schwimmt mit ein paar Flossenschlägen schnell um den Felsblock herum und „wartet“, daß die langsamen Taucher wieder zu ihr kommen. Gabi ist recht ausdauernd bei diesem Spiel und die Taucher haben ihre Freude daran !

Hinzu kommt natürlich bei der Robinsonade, daß wir mit dem Schlauchboot und dem Kompressor an Bord vollkommen unabhängig agieren können und den großen Tauchbooten vom Festland bei Bedarf ausweichen können - die neidischen Blicke der armen TaucherInnen auf den Tauchbooten, wo sie zu 20 oder noch mehreren zusammengepfercht sind, sagen alles ! :-)

Mittagspause und ggfs. Kaffeepause finden immer in einer einsamen Bucht statt - Orte, wo die Leute von den Tauchbooten niemals hinkommen. Aber das ist es natürlich nicht alleine, was den Reiz einer „Taucher-Robinsonade“ ausmacht ! Es ist das insgesamt freiere Taucherleben. Jeden Morgen wird nach Wetterlage und herrschendem Wind entschieden, welche Lokalität betauchbar ist. Nach dem Packen der Verpflegung und der persönlichen Dinge in wasserdichte Tonnen geht es dann los - dem nächsten Abenteuer entgegen ! :-)

Auch wenn der Wind einmal stärker wehen sollte, findet sich mit dem Boot immer ein Plätzchen, an dem keine oder kaum Strömung ansteht. Ein wirklich unschätzbarer Vorteil, wenn man die Situation vergleicht, in der man ist, wenn man vom Festland aus taucht und ggfs. wegen Wellengang auf das Tauchen verzichten muß.

Es gibt insgesamt gesehen keinen Vergleich zu einem „handelsüblichen“ Tauchurlaub in einem Hotel oder ähnlichem - was man auf einer Robinsonade erlebt und lernt, kann man nicht für Geld bekommen ! Auch der teuerste und exklusivste Tauchurlaub kann nicht das bieten, was wir in dieser einen Woche auf den Iles d'Hyères mit Heinz erlebt haben ! Es ist nicht das Tauchen alleine (in einem sicherlich hervorragenden Gebiet), sondern auch das Drumherum (Schlauchboot-Fahren, Seemannschaft, das Suchen von Wracks oder Untiefen mit dem Echolot, die Pausen in praktisch unberührter Natur, u.v.m.), was das besondere und einzigartige einer „Taucher-Robinsonade“ ausmacht ! Für mich ist eine Robinsonade maximales Abenteuer beim Tauchen, das in Europa noch möglich ist.

Natürlich habe ich auch wieder fleißig fotografiert. Leider hatte ich noch keine Makro-Ausrüstung. Also wird mir wohl nichts anderes übrigbleiben, als (mindestens :-) ) noch einmal mitzufahren ! :-)

Sicherlich seid Ihr jetzt alle begierig darauf zu erfahren, was man im und um das Unterwasser-Naturschutzgebiet „Port Cros“ alles so sehen kann ! :-) So möchte ich Euch denn auch nicht enttäuschen. :-) Das hier - und noch viel mehr natürlich ! :-) - habe ich alles bei unseren TGs unter Wasser gesehen :

Pflanzen :
Schirmchenalge Acetabularia mediterranea, Gabelzunge Dictyota dichotoma, Flechte der Gattung Verrucaria, Trichteralge Padina pavonia, Neptunsgras Posidonia

Niedere Tiere
Porifera - Stamm Schwämme :
Nierenschwamm, Orangefarbener Strahlenschwamm, Höckeriger Krustenschwamm, Goldschwamm, Riesenkieselschwamm, Glatter Geweihschwamm, Schleimiger Krustenschwamm, Gelber Gitterkalkschwamm, Schwarzer Lederschwamm, Verwachsener Geweihschwamm

Cnidaria - Stamm Nesseltiere :
Ohrenqualle, Gelbe Krustenanemone, Purpurrose, Wachsrose, Rasenkoralle, Runde Nelkenkoralle, Ovale Nelkenkoralle, Gelbe Gorgonie, Rote Gorgonie (fantastische Hänge voll von Roten und Gelben Gorgonien !), Weiße Gorgonie

Würmer (verschiedene Stämme) :
Strudelwurm (Art und Gattung nicht zu bestimmen), Igelwurm, Vielfädiger Borstenwurm, Schraubensabelle, Kalkröhrenwurm

Mollusca - Stamm Weichtiere :
Purpurschnecke, Blau-weiß-rote Fadenschnecke, Dreifarbige Sternschnecke, Leopardschnecke, Gemeiner Krake, Gemeine Sepia (mehrere und immer prächtige Exemplare !)

Arthropoda - Stamm Gliederfüßer :
Parasitische Fischassel (nur 1 Exemplar an einem Braunen Zackenbarsch; was für die sehr gute Wasserqualität und die ausgezeichnete Kondition der Fische hier um die Iles d'Hyères spricht !)

Tentaculata - Stamm Tentakelträger :
Elchgeweih-Moostierchen, Neptunsschleier, Eisseestern, Purpurseestern, Schwarzer Seeigel, Steinseeigel, Violetter Seeigel, Herzseeigel, Variable Seegurke, Weißspitzen-Seegurke, Röhrenseegurke

Tunicata - Stamm Manteltiere :
Kleine Keulenseescheide, Rote Seescheide

Fische
Brandbrasse, Zweibindenbrasse, Kleiner Drachenkopf, Mittelmeer-Barbe, Brauner Zackenbarsch (wirklich viele prächtige Exemplare !), Sägebarsch, Meerbarbenkönig, Goldstrieme, Mönchsfisch, Meerjunker, Meerpfau, Augenfleck- Lippfisch, Achselfleck-Lippfisch, Gestreifter Schleimfisch, Roter und Gelber Spitzkopf-Schleimfisch, Rotbrasse, Großer Roter Drachenkopf (auffällig gelb gefärbt), Schriftbarsch, Fünffleckiger Lippfisch, Pfauenlippfisch, Roter Fahnenbarsch, Mittelmeer-Muräne, Seriola (Stachelmakrele)

und zu guter letzt auch noch ein prächtiges Exemplar einer Vipernatter - allerdings an Land :-)

Noch ein paar Bilder gefällig ? :-)


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Kai Schröder, 29.11.2000